Stuttgart, ein Restaurant. Frühnachmittags. Um uns herum ein paar leere und paar volle Tische.

Hier eine Vorzeigefamilie, er groß und gutaussehend, sie blond, schön, schlank.
Dazu Mädchen und Junge, ca. 10/11 Jahre alt. Ein Familienferienausflug.
Dort ein Paar, laut und lebhaft im Gespräch. Sie einiges älter als er.
Neben uns ein mittelalter Geschäftsmann, pausenlos auf dem Tablet-PC schreibend. Verbringt offenbar seine Arbeitszeit lieber in angenehmer Atmosphäre.
Alles ganz normal, je länger wir aber auf das Essen warten, desto deutlicher werden die Abgründe.

Familienvater mäkelt ausdauernd an der offensichtlich Fingerfood gewohnten Speisekultur seines Sohnes. Den juckt’s nicht wirklich.

Das Paar –  oder sind es vielleicht nur Kollegen? – diskutiert über Amerika,
er erzählt ohne Rücksicht auf Verluste und Einwände von seinem „saaaagenhaften“ ersten Aufenthalt als Austauschstudent in Washington in den Neunzigern. Sie redet ihm ständig dazwischen, was ihn nicht stoppt. Keiner hört auf den anderen.

Familienvater erklärt inzwischen seinen Kindern (und dem halben Restaurant), dass es ihn total nervt, dass sie ihn immer beim Reden unterbrechen.

Mutter geht draußen eine rauchen. Kurze Zeit später stinkt es ungesund und der vor der Tür abgestellte Aschenbecher qualmt fröhlich vor sich hin.
Bedienung löscht mit einem Glas Wasser.

Geschäftsmann reinigt, Latte macchiato trinkend, sein Tablet mit dem angespuckten Finger. Lecker.

Nach dem wohlschmeckenden Essen frage ich mich wieder, warum Mensch einen Fernseher braucht. Die besten Soaps schreibt doch das eigene Leben.
Man muss nur hinschauen…